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Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL 27.03.2019

Erfolgreiche Rekrutierung. Strategien zur Erhöhung des Bewerberinnenpotenzials bei Goldbeck GmbH

Am 7. März 2019 nahmen ca. 60 Personalverantwortliche aus Unternehmen und weitere Interessierte an der Veranstaltung „Erfolgreiche Rekrutierung. Strategien zur Erhöhung des Bewerberinnenpotenzials“ bei der Goldbeck GmbH in Bielefeld-Ummeln teil. Inhaltlich ging es darum, wie Stellenanzeigen nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen im Hinblick auf Text, Bild und Layout gestaltet werden sollten, um möglichst viele passende Bewerberinnen und Bewerber anzusprechen, insbesondere aber den Anteil an Frauen unter den Bewerbungen zu erhöhen.

Dr. Ulrich Rust, Leiter Beratung und Vertrieb der Jobware GmbH, stellte die Ergebnisse zweier Studien vor: zum einen die Tracking Studie zum Leseverhalten bei Online Stellenanzeigen und zum anderen die Mobile-Recruiting-Studie, welche Mobile Stellenanzeigen, Mobile Karriereseiten und Mobile Bewerbungen untersuchte.
Die erste Empfehlung für die optische Gestaltung von Online Stellenanzeigen ist, dass das Firmenlogo unbedingt oben platziert werden sollte, sodass dies sofort ins Auge springt und unabhängig vom Format des Bildschirms schon beim ersten Anblick erkennbar ist. Der Ausschreibungstext sollte möglichst in zwei parallelen Spalten gestaltet sein und nicht absatzweise untereinander. Wenn Bilder verwendet werden, sollten diese klar vom Text getrennt sein. Von der Verwendung gekaufter ‚Stock Images‘ rät Dr. Rust dringend ab; viel effektiver und emotional ansprechender sind möglichst authentische Bilder von Beschäftigten aus dem Unternehmen selbst. Der etwas höhere Aufwand bei der Beachtung von Aktualität, Bildrechten beim etwaigen Ausscheiden des/der Beschäftigten aus dem Unternehmen u.a. Fragen in diesem Zusammenhang lohne sich.

In Bezug auf die sprachliche Gestaltung haben die Studien ergeben, dass ein möglichst kurzer Text in verständlicher Sprache, der sich auf die wirklich relevanten Aufgaben und Anforderungen konzentriert, optimal ist. Von Anglizismen wird abgeraten, wenn sie nicht unbedingt erforderlich sind.
Nach den Erkenntnissen der im Auftrag von Jobware durchgeführten Studien schauen Frauen genauer in den Ausschreibungstext, lesen ihn kritischer und nehmen die aufgeführten Anforderungen ernster. Anders als Männer neigen Frauen dazu, von einer Bewerbung Abstand zu nehmen, wenn sie nicht praktisch alle Anforderungen bei sich als erfüllt empfinden. Auch das ist ein Grund genau zu prüfen, welche Anforderungen wirklich erforderlich sind und als solche im Ausschreibungstext stehen müssen, und welche eher in die Rubrik „erwünscht“ gehören oder gar ganz unerwähnt bleiben können.
Im Idealfall sollten die Stellenanzeigen die potenziellen Bewerberinnen und Bewerber auch auf einer emotionalen Ebene ansprechen und involvieren, weil dies dazu motiviert, sich intensiver sowohl mit der Stellenanzeige als auch mit dem Unternehmen insgesamt auseinanderzusetzen. Beispielsweise erhöht dies auch die Verweildauer auf der Unternehmenswebseite.

Ausgehend von der These, dass Stellenausschreibungen eine besondere Bedeutung für den ersten Kontakt zwischen Bewerberinnen und Bewerbern und einem Unternehmen haben, hat Jun.-Prof. Dr. Wehner von der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf insbesondere die sprachliche Formulierung von Stellenanzeigen untersucht. Und zwar wurde im Rahmen von Befragungen überprüft, wie sich die Sprache in Stellenanzeigen auf die Anzahl und Qualität der Bewerberinnen und Bewerber auswirkt, wenn sie entweder neutrale oder feminin- bzw. maskulin-konnotierte Formulierungen verwenden.
Typisch männlich-konnotierte Eigenschaften, die in Stellenanzeigen häufig auftreten, sind: Durchsetzungsvermögen, Führungsfähigkeit, Entscheidungsvermögen, Wettbewerbsorientierung, Verhandlungsfähigkeit. Eher feminin-konnotierte Begrifflichkeiten sind: Verständnisvoll, Kreativität, Kommunikationsfähigkeit, hilfsbereit, soziale Kompetenz, Kompromissbereitschaft.

Die erste Studie hat ergeben, dass sowohl Bewerber als auch Bewerberinnen, die fachlich grundsätzlich gut auf ein Ausschreibungsprofil passen und gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, sich am wenigsten geeignet für die Stelle fühlen, wenn die Ausschreibung von männlich-konnotierten Eigenschaften geprägt ist. Am besten fühlen sie sich geeignet, wenn die Ausschreibung neutrale Begriffe enthält wie z.B.: Leistungsbereitschaft, Selbständigkeit, hohe Auffassungsgabe, Loyalität, Flexibilität, Konfliktfähigkeit, Präsentationsfähigkeit.

Das Fazit von zwei Studien von Jun.-Prof. Dr. Wehner ist:

  • Starker Fokus auf feminin-konnotierte Eigenschaften in der Stellenausschreibung erhöht die Quantität des Pools von Bewerberinnen und Bewerbern
  • Starker Fokus auf maskulin-konnotierte Eigenschaften in der Stellenausschreibung senkt die Qualität und die Quantität des Pools von Bewerberinnen und Bewerbern
  • Fokus auf neutrale Eigenschaften erhöht die Qualität des Pools von Bewerberinnen und Bewerbern

Die praktische Relevanz dieser Ergebnisse liegt auf der Hand: gerade in technisch orientierten Unternehmen und der Formulierung von entsprechenden Tätigkeitsprofilen werden in den Stellenanzeigen häufig deutlich männlich-konnotierte Eigenschaften als relevant für das Tätigkeitsprofil angegeben. Dadurch fühlen sich jedoch viele Frauen nicht angesprochen und sehen von einer Bewerbung ab. Diese sog. „negative Selbstselektion“ führt dazu, dass also die Anzahl der Bewerbungen gerade von Frauen sehr niedrig ausfällt und der Frauenanteil unter den Beschäftigten auch dauerhaft niedrig bleibt.
Gleichwohl sind die Forschungsergebnisse natürlich für alle Branchen relevant, insbesondere wenn sie das Fachkräftepotential von Frauen für sich erschließen wollen.
Mithilfe dieser Erkenntnisse können Unternehmen mit wenig Aufwand die eigenen Stellenanzeigen überarbeiten und allein durch die Verwendung von neutralen Eigenschaften die Qualität der eingehenden Bewerbungen erhöhen. Hierdurch lässt sich auch die Zeitspanne verkürzen, bis eine passende Besetzung für die Stelle gefunden wird.

Gerade kleine und mittlere Unternehmen, die weniger bekannt sind als große Firmen, können ihre Attraktivität erhöhen, wenn sie Erstkontakte wie Stellenanzeigen nutzen, um insbesondere Bewerberinnen gezielter anzusprechen und zu einer Bewerbung zu motivieren.

Auch die Signalwirkung von Bildern wurde von Jun.-Prof. Dr. Wehner erforscht. Zusammenfassend ist seine Forschung zu folgenden Ergebnissen gelangt:

  • Bewerberinnen und Bewerber bevorzugen gleichermaßen Bilder, in denen eine Frau und ein Mann abgebildet sind.
  • Gruppenbilder können Diversität signalisieren und gleichzeitig das Interesse wecken.
  • Bilder sollten Signale senden, die kongruent zum Unternehmen, der Stelle und den Werten des Unternehmens sind.

Im Ergebnis erhöhen Bilder auf der Homepage mit Frau und Mann die Quantität des Bewerberpools, Bilder mit nur einer Einzelperson wiederum senken diese Quantität. Bilder einer kleinen Gruppe wiederum signalisieren Vielfalt.

Die Veranstaltung war Teil des gemeinsamen Projekts „Mehr Frauen in Führung - so geht´s“ von Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL, WEGE Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft Bielefeld mbH und Gleichstellungsstelle der Stadt Bielefeld.

Goldbeck

 



 

 

 

 

 

Foto: (v.l.n.r.) Christina Rouvray | Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL; Dr. Ulrich Rust | Jobware GmbH; Lena Weweler | Goldbeck GmbH; Jun-Prof. Dr. Marius Wehner | Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Bildrechte: OWL GmbH